Irma Tawelidse
wurde 1973 in Gori geboren. Sie studierte Philologie und lebt in Tbilissi als Autorin Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen (u. a. von Michel Houellebecq, J. M. Coetzee und Joseph Conrad). Seit 2011 ist sie Mitglied einer georgisch-schwedischen Dramatikergruppe. 2017 erhielt sie den Tumanischwili-Preis für zeitgenössisches georgisches Theater. Sie ist Autorin zweier Erzählbände sowie eines Essaybandes, der 2018 mit dem SABA-Preis ausgezeichnet wurde.
Werke
Bnel zqlebschi (In dunklen Wassern), Roman, 148 S. Diogene 2021
SABA-Preis für den besten Roman des Jahres 2021
Dies ist ein ganz außergewöhnlicher Roman, außergewöhnlich für die georgische Literatur – kompositorisch wie sprachlich. Es ist der erste Roman einer erfahrenen Autorin; was bereits in Irma Tawelidses Erzählungen antönte, hat sie hier zu einem großen Ganzen ausgearbeitet.
In vier Kapiteln wird aus wechselnder Perspektive die Geschichte einer dysfunktionalen Familie in einer ebenso dysfunktionalen Zeit – Ende der Sowjetunion, Chaos der 1990er in Georgien – erzählt, im Vordergrund Alexander, der Sohn, ein Schauspieler, der an einem kalten Wintermorgen einen Zusammenbruch erleidet und mit Erinnerungslücken im Krankenhaus landet.
Wasser spielt eine große Rolle in dem Roman – dunkel, trüb, vereist, schlammig, grundlos … – Metapher für die unsicheren Gewässer der Erinnerung, in denen die Protagonisten bald zu ertrinken drohen, bald daraus auftauchen. Was wirklich geschehen ist, bleibt häufig im Dunkeln, klar wird nur, dass es um lang Verdrängtes geht, das weiterwuchert und Lebenswege versperrt.
Man möchte diesen Roman wieder und wieder lesen, sich in seinen dunklen Sog ziehen lassen, denn jedes Wort scheint bedeutungsvoll und bei jedem Wiederlesen entdeckt man neue Beziehungen, neues Verborgenes, neu zu Interpretierendes …