Tamta Melaschwili

Tamta Melaschwili

1979 in Ambrolauri in der Provinz Ratscha geboren, studierte nach dem Schulabschluss „Internationale Beziehungen” in Tbilissi. 2008 schloss sie an der Central European University in Budapest in Gender Studies ab. Sie lehrte an der Staatlichen Universität Tbilissi Gender Studies und publizierte über Feminismus in Georgien. Ihr Romandebüt „Abzählen“ wurde von der georgischen Kritik enthusiastisch als „eine neue, sehr eigene Stimme” gelobt. Neben literarischen Veröffentlichungen erschien von Melaschwili 2017 auch ein dokumentarisches Werk über deutsche Aussiedlerinnen in Georgien.

© Nata Sopromadze

Außer dem Roman „Abzählen“ sind auf Deutsch erschienen: „Amsel Amsel Brombeerbusch“ (deutsch von Sybilla Heinze), Roman, Kolchis Verlag 2023, „Ostseits“ (deutsch von Rachel Gratzfeld), Romanauszug in: „Erklärung für alles“, Residenz Verlag 2021, „Kachetien“ (deutsch von Rachel Gratzfeld), Kurzgeschichte in: „Georgien. Eine literarische Reise“, Frankfurter Verlagsanstalt 2018; „Das andere Grau“ (deutsch von Natia Mikeladse-Bachsoliani), Kurzgeschichte in: „Bittere Bonbons – Erzählungen aus Georgien“, edition fünf 2018; „Marines Engel“ (deutsch von Tamar Kotrikadse), Erzählungen, Wieser Verlag 2018; „Killer’s Job“ (deutsch von Irma Schiolaschwili und Susanne Schmidt), Kurzgeschichte in: „Techno der Jaguare – Neue Erzählerinnen aus Georgien“, Frankfurter Verlagsanstalt 2013.

Werke

Amsel Amsel Brombeerbusch, Roman, Kolchis Verlag 2023. Deutsch von Sybilla Heinze.

Originalausgabe: Schaschwi schaschwi maqwali, Bakur Sulakauri 2020. SABA-Preis für den besten Roman.

Die 48-jährige Eter führt einen kleinen Laden in einer georgischen Provinzstadt. Ihre eintönigen Tage gleichen sich, und es scheint, als gäbe es nichts, was die dumpfe Routine stören könnte – bis zu dem Tag, an dem sie beim Brombeerpflücken in Lebensgefahr gerät. Von da an rechnet sie ab mit der strikten patriarchalischen Ordnung der georgischen Provinz, die Frauen lediglich die Wahl zwischen einer frühen Ehe oder einem Leben in Einsamkeit zugesteht. Sie erlaubt sich Dinge, die sie sich vorher niemals zugetraut hatte. Sie entdeckt ihren Körper und verliebt sich – beides undenkbar in ihrer Kleinstadt. Eter muss sich mit ihren neu entdeckten Gefühlen auseinandersetzen und entscheiden, wie sie ihren eigenen Weg zum Glück finden kann.
Der Roman wurde von Elene Naveriani verfilmt (Premiere am Filmfestival Cannes 2023).


Abzählen, Roman, Unionsverlag 2012. Deutsch von Natia Mikeladse-Bachsoliani.

Originalausgabe: Gatwla, Bakur Sulakauri 2014 / Diogene 2010. SABA-Preis für das beste literarische Debüt.

Ein schmaler Band mit einer überaus kraftvollen, aufwühlenden und kunstvoll konstruierten Geschichte: eine Momentaufnahme aus dem Leben zweier junger Mädchen, Freundinnen, in einer weder zeitlich noch geografisch näher bestimmten Konfliktzone. Die Geschehnisse dreier Tage, von Mittwoch bis Freitag, werden alternierend, mit sich steigernder Dringlichkeit erzählt, die die Angespanntheit, die tägliche Angst und die Erschöpfung der Menschen greifbar machen. Nicht weniger aber auch eine berührende Zärtlichkeit und Opferbereitschaft. Es sind ganze Leben, die auf wenigen Seiten bar jeder Sentimentalität beschrieben sind, Leben jenseits der Frontlinien, in verlassenen Orten, wo nur noch die Frauen mit ihren Kindern und den Großeltern zu überleben versuchen, die Kinder Tote „gucken” gehen und Ninzo und Zknapi, die beiden Mädchen, vorzeitig erwachsen und mit der ganzen Tragik des Lebens konfrontiert werden. „Abzählen“ wurde für die Shortlist der „Hotlist der Unabhängigen Verlage” 2012 nominiert, gewann 2013 den SABA-Preis für die beste Übersetzung aus dem Georgischen sowie den „Deutschen Jugendliteraturpreis” (Kategorie Junge Erwachsene). Der Roman wurde mehrfach für deutsche und Schweizer sowie russische und georgische Bühnen dramatisiert und auch als Hörspiel adaptiert. Übersetzungen ins Italienische (Marsilio), Russische (Samokat), Kroatische (HENA), Albanische (Shkupi), Mazedonische (Makedonika Litera), Englische (Auszug, wordswithoutborders.org).

Mit knappen, rhythmischen Sätzen voller Dialoge schafft Tamta Melaschwili bedrängende Unmittelbarkeit, ohne je ins Sentimentale abzugleiten. Es liegt am Stilwillen und an der strengen Erzähltechnik der georgischen Autorin, dass der berührende Stoff wirklich ergreift. Ein Buch, dem man viele Leser wünscht.
Ilma Rakusa, NZZ

 

… ein außergewöhnliches Debüt. Es erinnert in seiner sprachlichen Konsequenz, in der Radikalität der erzähltechnischen Anlage und nicht zuletzt in Thematik und Stimmung an ‚Das große Heft‘ von Agota Kristof.
Martin Ebel, Tages-Anzeiger

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